Nosliw: „Wie weit können wir gehen für unser Ego?“

Es gibt Musiker, die sich von anderen in der Hinsicht unterscheiden, dass sie sehr viel Wert darauf legen, Inhalte zu vermitteln, die zum Nachdenken anregen. Ihre Texte handeln von gesellschaftlich relevanten Themen. Wir leben in einer Zeit, in der Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit noch lange nicht aus der Welt geschafft sind und Probleme eher ignoriert als gelöst werden.
 
Geht es uns an, wenn ein ganzes Land pures Elend trägt, aber Panzer fahrn? Wenn Reich und Arm sich noch mehr entfernen und Menschenrechte, Frauen und Kinder sterben? Geht es uns an, wenn ein ganzes Land auf die Umwelt scheißt für den Kontostand? Wenn sich die Interessen der ersten Welt über restliches Leben auf der Erde stellt?“, („Geht es uns an?“, Nosliw)
 
singt Eric Wilson alias Nosliw in „Geht es uns an?“, dem ersten Song seines aktuellen Albums „Mittendrin“. Schon in den vier Zeilen dieses Refrains wird deutlich, welchen Anspruch Eric an die Musik und seine Zuhörer stellt. Musik ist für ihn ein Soundtrack zum Leben.
 
„Woran sollen die Leute noch glauben, wenn nicht noch an die Musik“, erzählt mir der gebürtige Bonner vor seinem Auftritt im Haus Auensee in Leipzig, den er zusammen mit dem deutschen Reggae-Künstler Gentleman absolvierte. Im Gegensatz zu Gentleman singt Nosliw Reggae in deutscher Sprache und stellt damit einen direkten Bezug zur Realität hierzulande her. Ihm ist es wichtig, vor allem die jungen Leute zu erreichen, um sie über gesellschaftliche Themen aller Art aufzuklären und ihnen gleichzeitig ein musikalisches Genusserlebnis zu bieten. „In erster Linie sollen die Leute auf jeden Fall Spaß haben an der Musik. Und daraus die Energie schöpfen selber einen Beitrag dazu zu leisten, dass die Welt nicht so bleibt wie sie ist. Damit wir etwas wacher durch die Welt gehen, positiver eingestellt sind gegenüber anderen und einfach mal ein bisschen offener werden. Das wünsch ich mir und ich merk halt schon, dass meine Musik oder generell Musik so eine Art Moralstärker ist.“ Seinen ersten großen Hit hatte Nosliw mit seinem Song „Nur dabei“, den er in Zusammenarbeit mit dem Leipziger Label Germaican Records, das zu den aktivsten deutschen Reggae-Produzenten gehört, aufnahm. Darin ruft er dazu auf, auf die Dinge, die um uns herum passieren, zu reagieren und Einfluss auf lokale Themen zu nehmen. Es gibt Fans, die ihm sagten, dass sie wegen diesem Song zur Wahl gegangen sind.
 
„Ihr habt die Wahl und ihr geht nicht hin“ „Ihr steht nur dabei und fühlt euch völlig unbeteiligt. Ihr steht nur dabei, weil ihr die Wahrheit lieber meidet. Ihr steht nur dabei, plädiert auf Taubheit und auf Blindheit. Ihr steht nur dabei, obwohl ihr schon längst mittendrin seid.“ („Nur Dabei“, Nosliw)
 
Mit offenen Augen und Ohren durchs Leben gehen, Ungerechtigkeiten erkennen und sich gegen sie zur Wehr setzen. Es soll nicht jeder nur an sich denken. Jeder Einzelne trägt dazu bei, dass die Welt schlechter oder besser wird. Das ist einer der vielen Gedanken, die Nosliw in seiner Musik zum Ausdruck bringt. Die 16 Tracks auf seinem Album decken eine ganze Bandbreite solcher Themen und Geschichten ab. „Inspiriert werde ich vom Alltag. Alles was ich so wahrnehme, wird sich früher oder später in den Texten manifestieren. Ich bin ein Speicher und irgendwann habe ich genug Themen angehäuft, dass er voll ist. Politik, Liebe, Freundschaft oder Umweltschutz. Das sind alles Erfahrungswerte. Es muss nicht alles autobiografisch sein. Das sind alles Sachen, die ich wahrnehme und die Geschichten hole ich halt aus der Realität.“
 
Doch was passiert, wenn versucht wird, die eigene Musik einem breiten Publikum zugänglich zu machen? Wenn Marketing und Musik zusammentreffen, dann ist der Mainstream-Pop nicht weit. Besteht da nicht die Gefahr, dass die Inhalte der Musik eine zunehmend geringere Rolle spielen und somit die eigene Botschaft nicht mehr ankommt? Nosliw hat sich für den Mainstream entschieden: „Ich bin mir bewusst, was ich für einen Schritt gegangen bin. Ich hab bei einem Major Label unterschrieben, bei Warner Music. Ich will auf jeden Fall in den Mainstream, das ist auch darauf ausgelegt.“
 
Damit begibt er sich dabei auf eine gefährliche Gratwanderung zwischen Authentizität und Pop-Marketing.
„Es liegt halt an dem Künstler selber, was er daraus macht. Entweder ich singe Playback, alles kommt vom Band und ich hab irgendwelche Tänzer dabei oder aber ich nehme meine ganze Band mit und zeig den Leuten mal, wie man so richtig live spielt. Natürlich kriege ich auch Einträge in mein Gästebuch wie ‚Werd jetzt bitte nicht Sell Out, ich habe dein Video auf Viva gesehen, war ja ganz ok, aber ich hab kein Bock, dass auf nem Konzert irgendwelche Teenies schreien. Das tut mir leid für die Leute, die sich dann darauf abfucken. Aber ich will auch diese Teenies erreichen, weil die sind unsere Zukunft. Die sollen nicht mit Schwachsinn aufwachsen, und denken, es ist das Maß der Dinge, wenn ich von einem Star den besten Klingelton habe. Sie sollen eine Aussage von dem Star kriegen, die sie weiter bringt im Leben. Deshalb habe ich auch kein Problem damit, jetzt in den großen Medien aufzutauchen. Es kann nicht genug Leute geben, die Inhalte vermittelt kriegen müssen ... „
 
Dass Nosliw sehr viel Wert darauf legt, mit seiner Musik Inhalte zu vermitteln, kann man auf seinem aktuellen Album „Mittendrin“ hören.
 
www.nosliw.de
www.rootdown-music.com
 
Atu & Katja